Neulich kursierte auf Facebook eine Linkliste, mit der ich überprüfen konnte, wer von meinen Facebookfreunden bestimmte Seiten geliked hat. Diese Information sollte mich in die Lage versetzen, Menschen die elektrische Freundschaft zu kündigen, wenn sie die falschen Sachen gut finden. Auf der Liste standen die AfD , Pegida, die NPD, die Böhsen Onkels, Freiwild, Nickelback und Helene Fischer. Ich reagierte sofort und likte erstmal Helene Fischer. Denn wer mich von seiner Freundesliste löscht, nur weil ich Helene Fischer mag, der ist ein Nazi.
Man kann die Sängerin doch nicht in einem Atemzug nennen mit der AfD, Pegida und der NPD. Das ist ein schwerer politischer Fehler. Ich bin da sonst nicht zimperlich, ich bezeichne auch gerne den „Volks-Rock’n’Roller“ Andreas Gabalier oder Heino als Nazis. Aber Helene Fischer doch nicht. Und Nickelback, mein Gott, ich würde Leute ja auch nicht entfreunden, weil sie hässliche Möbel haben. Und Nickelback machen eindeutig Musik für Leute mit sehr hässlichen Möbeln.
Das ist als würde man Leute dafür bestrafen, dass sie Brokkoli mögen. Viele Comedians machen derzeit abfällige Scherze über Brokkoli. Woher kommt eigentlich plötzlich dieses Brokkoli-Bashing. Das ist doch ein völlig inordnunges Gemüse. Aber auf einmal hassen alle Brokkoli und Helene Fischer. Warum?
In den letzten Tagen wurde viel über Toleranz geredet. Da kann man doch keine stalinistische Säuberung seiner Freundesliste wegen des Musik-Geschmacks vornehmen. Wenn Leute die AfD, Pegida oder die NPD gut finden ist das was anderes. Nazis raus. Die Frage war allerdings schon immer: Nazis raus, aber wohin? Endlich wissen wir es: Nazis raus aus meiner Freundesliste. Das macht sie traurig. Sehr traurig.
Vielleicht reichte es ja für’s erste, wenn sie einfach wieder zu Hause blieben und gemütlich vor dem Fernseher Ausländer hassen, anstatt uns hier in den Innenstädten auf die Nerven zu gehen. Bei dem Wetter. Nazis rein, sozusagen. Da können sie schön die – sagen wir mal „umstrittenen“ – ersten beiden Strophen des Deutschlandliedes in der inbrünstigen Heino-Fassung hören oder die abendländische Folklore von diesem Gabalier-Fascho. Zitat: “Des is dahoam, des is dahoam, ja do nur do bin i dahoam“. Nazis lieben Österreicher. Das lehrt uns die Geschichte. Die Texte von dem feschen Burschen beinhalten jendfalls nichts, was im Weltbild des gemeinen Nazis irgendwie stören könnte: „O jo des Steiralond des is mei Heimatlond / Und drum trog i ah mit so fü Stuiz mei Steiragwond / Jo wia san froh das ma so fesche Dirndaln hom / Und ah Freindschoft hoit bei uns a Leben long.“ Heimat, Stolz und fesche Dirndl. Wieso war der eigentlich nicht auf dieser Linkliste.
Oder fanden Sie diesen Gabalier bislang irgendwie sympathisch? Weil er so süß war in der Weihnachtssendung mit Sarah Connor und dieser arroganten Tante von den Guano Apes und diesem anderen rechtsradikalen, Xavier Naidoo. Macht nix. Jeder liegt mal falsch. Oder um es mit Helene Fischer zu sagen: „Keiner ist fehlerfrei! Was ist denn schon dabei? Spinner und Spieler, Träumer und Fühler hat diese Welt doch nie genug. Keiner ist fehlerfrei! Sei‘s doch wie es sei. Lasst uns versprechen, auf Biegen und Brechen, wir feiern die Schwächen! Wer ist schon fehlerfrei?“ Der Texter dieser sympathischen Zeilen, Tobias Reitz, ist natürlich einer meiner Facebookfreunde.
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